LG V30 im Test: Henry Maske mit blauem Auge

23 Minuten

LG V30
Bildquelle: Michael Büttner / inside-digital.de

Auf der IFA 2017 Ende August hat LG sein neuestes Flaggschiff präsentiert: Mit einigen Neuerungen wollen die Koreaner das im Frühjahr gezeigte LG G6 übertrumpfen und so den Markt der großen Smartphones, auch Phablets genannt, beackern. Dort ist die Konkurrenz recht groß, jedoch befinden sich nur wenige der Mitbewerber wirklich auf dem Leistungsstand des LG V30 oder der größten Konkurrenten, dem Galaxy S8+ und Galaxy Note 8 von Samsung. Die technischen Daten sind dementsprechend in der absoluten Spitzenklasse zu verorten.

LG V30 – Die technischen Daten

Um die relevanten Daten vorab noch einmal zu rekapitulieren: Das LG V30 zieht mit einer eisernen Fraktion in den Wettbewerb der jüngsten Smartphones. LG verpasst seinem lang erwartetem Flaggschiff Qualcomms diesjährigen Flaggschiff-Prozessor, den Snapdragon 835, der im Vergleich zu seinem Vorgänger eine deutlich höhere Leistung erlaubt. Das Kraftpaket wird außerdem mit einem 4 GB großen Arbeitsspeicher geschnürt, dessen Größe sich in dieser Smartphone-Klasse mittlerweile zum Standard entwickelt. Das interne Fassungsvermögen beläuft sich auf – je nach Modell – 64 respektive 128 GB beim V30+; einer Speichererweiterung mithilfe einer Micro-SD-Karte steht nichts im Wege. Damit ist das Training beendet und das LG V30 bereit für den Test-Ring, für den es noch diese weiteren Eckdaten mitbringt:

  • Display: 6 Zoll / 18:9-Format / 1.440 x 2.880 Pixel
  • Frontkamera: 5 Megapixel
  • Hauptkamera: 16 / 13 Megapixel (Dual)
  • Akku: 3.300 mAh / QuickCharge 4.0 / Qi
  • Schutzklasse: IP68
  • Größe: 151,7 x 75,4 x 7,3 Millimeter
  • Gewicht: 158 Gramm

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Design und Verarbeitung

Schon in den ersten Minuten mit dem LG V30 fällt auf: Das Handy ist eine runde Sache – und das in vielerlei Hinsicht. So sind die Ecken und Kanten des Smartphones abgeflacht. Auch viele Elemente wie die Lautstärke-Regler, der Fingerabdruck-Sensor oder die Kamera-Einlassungen sind rundlich. Einzig die Rückseite des LG V30 ist etwas platt gehalten. Dies fällt bei der Benutzung des Handys sofort auf: Es greift sich etwas schwieriger als andere Modelle mit einer leicht abgerundeten Rückseite.

In der Hand wirkt das LG V30 wie ein 5,5-Zoll-Handy, obwohl es ein 6-Zoll-POLED-Display besitzt. Schon mit dem LG Q6 hatte der südkoreanische Hersteller bewiesen, dass man Bildschirm-Größe und Handlichkeit in Einklagen miteinander bringen kann. So geschieht es auch beim V30 und es ergibt sich ein toller Formfaktor mit einem überaus handlichen Gerät in einer Display-Größenregion, die noch vor wenigen Jahren als völlig überzogen galt.

Hochklassige Verarbeitung mit kleinen Makeln

Ebenfalls gelungen ist die Verarbeitung des LG V30: Es wirkt robust und lässt sich auch mit einiger Kraftanwendung kaum verbiegen. Besonders vorbildlich ist die Integration der Kamera auf der Rückseite gelungen: Die Einlassung hebt sich nur minimal und kaum spürbar vom Rest des Gehäuses ab. Einziger großer Kritikpunkt ist das SIM-Karten-Fach: Es passt nicht zum Rest der guten Verarbeitung, wirkt wie zum Schluss der Fertigstellung gerade noch so reingepresst und weist außerdem ein etwas zu großes Spaltmaß auf. Auch der schon gelobte Fingerabdruck-Sensor mindert etwas den hochwertigen Eindruck. Während die Verarbeitung sich durchaus sehen lassen kann, ist der Druckknopf beim Betätigen zu laut und erzeugt ein hohles Klacken, das billig klingt.

Ganz und gar nicht billig ist die Robustheit des LG V30: Mit IP68 und dem Standard MIL-STD-810G zeigt LG, dass auch Glasrückseiten und filigranes Design ordentlich einstecken können. Auch mehrere Stürze auf den Boden aus Tischhöhe schaden dem LG V30 nicht. Dazu überlebte es im Test das Bad unter dem Wasserhahn. Übertreiben sollten Nutzer das Vertrauen in die Wasserdichtigkeit jedoch nicht: Salzwasser, Seifenlaugen oder auch Druck durch Bewegung im Wasser sind Gift für die Dichtungen und können zur Zerstörung des Geräts führen. Trotzdem ist der Muskelpanzer des Boxers LG V30 sehr robust und in dieser Klasse auf absolutem Schwergewichts-Niveau.

Abzüglich kleiner Mängel bei der Haptik der Rückseite zeigt sich das LG V30 als toll designtes und überaus brauchbar verarbeitetes Smartphone. Dazu kommt die Robustheit durch IP-68-Zertifikat und MIL-STD-810G-Standard. Heraus kommt eine prima Wertung in diesem Bereich.

Einzelwertung Runde 1: 4,5 von 5 Sternen

Display

Das Panel des LG V30 ist mit einer hohen Auflösung von 1.440 x 2.880 Pixeln ausgestattet und kommt in Verbindung mit einer Diagonale von 6 Zoll auf eine Pixeldichte von weit über 500 ppi. Damit liegt es in Sachen Schärfe in einem völlig kritikfreien Raum und auch die Farben können überzeugen. Satt und in vielerlei Hinsicht einstellbar überzeugen sie in jeder Lebenslage.

Das V30 besitzt jedoch das gleiche Problem wie das Google Pixel 2 XL: Wenn man von einem gar nicht so spitzen Winkel auf den Bildschirm schaut, verfärbt sich das Bild. Beide Phablets dürften dieselben Panels verwenden. Die Verfärbung wird besonders in hellen Display-Flächen deutlich und tendiert dann stark in Richtung Blau. Solche Effekte gehören eigentlich in die Smartphone-Steinzeit und sind eines Flaggschiffs aus dem Jahr 2017 nicht würdig. Die Schärfe und die Farbunterschiede sind davon jedoch nicht betroffen, was die Scharte zumindest in Maßen auswetzt. Ein blaues Auge trägt das V30 jedoch davon.

LG V30 – Display-Test

Wer sich mit der V-Serie bisher schon beschäftigt hat wird im V30 womöglich das zweite Zusatz-Display vermissen. Technisch gesehen, hat sich LG von diesem Zusatz-Feature verabschiedet. Den Mehrwert versucht LG softwareseitig zu lösen: Neben einem Always-On-Display für Uhrzeit und schnelle Infos kann man Bildschirm-Shortcuts, zum Beispiel für Anrufe oder Musiksteuerung nach eigenem Gusto auf dem Hauptbildschirm platzieren, diese werden dann immer vordergründig angezeigt; der Nachteil ist offensichtlich: Gegebenenfalls wird ein Teil der sonst laufenden App bedeckt. Damit ist die Funktion wohl eher eine Notlösung, als eine echte Alternative. Sie ist eher in der Always-On-Funktion zu suchen: Das V30 bietet das immer aktive Display an und lässt dem Nutzer die Freiheit, die Funktion zeitlich zu programmieren, damit es beispielsweise in der Nacht nicht den Nachttisch illuminiert. Dazu können die Inhalte definiert werden und so ersetzt es unter anderem auch die Benachrichtigungs-LED.
Die automatische Helligkeitsregelung durchsteigt die Intensitätsleiter zügig und von sehr dunkel bis sehr Hell. Dabei fällt ein leichtes Ruckeln auf, das jedoch noch nicht störend wirkt. So bleibt hier ein positiver Eindruck hängen.

Das LG V30 besitzt ein richtig starkes Display mit tollen Einstellmöglichkeiten. Der hervorragende Eindruck wird jedoch vom blauen (Display-)Auge und von Kritik-Nuancen bei der automatischen Helligkeitsregelung getrübt.

Einzelwertung Runde 2: 4 von 5 Sternen

Ausstattung und Leistung

Im Antutu-Benchmark-Test in der Version 6.2.7 musste sich das Phablet gegen die Konkurrenz von Huawei, Samsung und Google messen. Zur Erinnerung: Dank eines Qualcomm Snapdragon 835, eines 4 GB großen Arbeitsspeichers und eines internen Speichers mit 64 GB sollte das Handy auf jeden Fall in der absoluten Spitzenklasse mitspielen. Die hohe Auflösung des Displays steht dem Ganzen jedoch etwas im Weg: Umso mehr Bildpunkte, je mehr muss der Hauptprozessor und die GPU rechnen.

Benchmark-Tests im Vergleich

Umfeld Modell Benchmark-Wert
  Google Pixel 2 XL 164.604
direkte Konkurrenten Samsung Galaxy 8+ 171.108
  Huawei Mate 10 Pro 176.482
     
  Google Pixel XL 138.052
ehemalige Spitzenmodelle LG G6 157.689
  OnePlus 3T 163.521
     
aktuelle Referenzen  OnePlus 5

180.641

Das Ergebnis des Antutu-Benchmarks zeigt: Das LG V30 ist auf jeden Fall ein Flaggschiff. Mit einem Endstand von 172.618 Punkten gehört das Phablet in die oberste Leistungsliga. Jedoch reicht es nicht für einen Platz auf dem Podest: Dort haben es sich mit dem OnePlus 5 (180.641 Punkte), dem Nokia 8 (175.517 Punkte) und neuerdings auch dem Huawei Mate 10 Pro (176.482 Punkte) die aktuellen Spitzenmodelle der Konkurrenz gemütlich gemacht. Die direkte 6-Zoll-Konkurrenz ist im Vergleich teilweise einen Tick schneller beziehungsweise langsamer: So kommt das Mate 10 Pro wie schon erwähnt auf einen Wert von 176.482 Punkten und damit auf Platz 2. Das Google Pixel 2 XL erreicht hingegen nur 164.706 Punkte. Abzuwarten ist, wie sich das HTC U11+ im Vergleich schlägt.

Somit muss sich LG, wie schon beim G6 und Q6, den Vorwurf gefallen lassen, bei der Verwendung ähnlicher Hardware leistungstechnisch hinter anderen Herstellern zurückzubleiben. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Leistung des LG V30 schlecht ist. Viele Nutzer dürften den Unterschied kaum bemerken. Die tatsächliche Leistung des LG V30 zeigt sich in der Praxis auf Augenhöhe mit der Konkurrenz und es werden im Alltag keine Ruckler oder andere Stolpersteine deutlich. Auch aufwendige Anwendungen wie das Rennspiel „Asphalt 8: Airborne“ laufen flüssig und mit toller Grafik, die auch an Details nicht spart. Somit bleibt hier wenig Raum für Kritik, auch wenn die Benchmark-Ergebnisse „nur“ Durchschnitt in der absoluten Spitzenklasse sind.

LG V30 – Benchmark-Tests

Im Gegensatz zum LG G6 kommt beim V30 die Variante mit 64 GB internem Speicher anstatt 32 GB nach Europa. Auch der Audio-Standard Quad-DAC ist beim V30 auch für den hiesigen Markt berücksichtigt worden. On Top gibt es dank der Partnerschaft mit der dänischen Edel-Soundmarke Bang&Olufsen hochwertige Kopfhörer im Lieferumfang des LG V30. Ein weiterer Kritikpunkt beim LG G6 war die fehlende Unterstützung des Qi-Standards zum kabellosen Laden. Sie wurde im LG V30 ebenfalls integriert – der Standard wird hier gleichermaßen unterstützt, wie es beim G6 bereits in Südkorea oder den USA der Fall war. Dazu kommt eine Gesichts- und Spracherkennung, die den Ausstattungsreigen abrunden. Eine Besonderheit ist auch das FM-Radio, das in Spitzenklassemodellen nur höchst selten zum Einsatz kommt und hilft, Datenvolumen zu sparen, weil Radiosender eben nicht gestreamt sondern per Radiowelle empfangen werden können.

Feature Vorhanden Funktion

HSPA

▲  Erweiterung des Mobilfunkstandards UMTS, Down-max. 21 Mbit/s
HSPA+ ▲  Erweiterung des Mobilfunkstandards UMTS, Down-max. 42 Mbit/s
LTE ▲  Mobilfunkstandard, Down-max 1.000 Mbit/s, Up-max: 100 MBit/s
USBOTG ▲  Ermöglicht den Anschluss externer Geräte wie USB-Sticks, Festplatten oder Tastaturen
DLNA ▲  Standard zu kabellosen Übertragung von Medieninhalten, zum Beispiel auf einen Fernseher
NFC ▲  Ermöglicht eine Bluetooth-Verbindung zu einem anderen Gerät durch kurzes Berühren
Kabellose Display-Übertragung ▲  Ermöglicht das kabellose Teilen der Anzeige mit einem anderem Gerät (z.B. Miracast/AirPlay/Google Cast)
MHL ▼  Erlaubt die kabelgebundene Verbindung über die Micro-USB-Schnittstelle zu einem HDMI-Port
Infrarot-Fernbedienung ▼  Ermöglicht den Einsatz als Universal-Fernbedienung
Bluetooth-Version ▲  4.2
WLAN-Standards ▲  IEEE 802.11 a/b/g/n/ac
Qi ▲  Ermöglicht das kabellose Laden des Smartphones

Die Telefonfunktion liefert einen gespaltenen Eindruck: Beim Anruf aus dem Festnetz auf das Handy im Telekom-Netz meckert während des normalen Gesprächs der Smartphone-Besitzer kaum, der Anrufer jedoch umso mehr. Der Gesprächspartner beschwert sich über eine etwas dumpfe Wiedergabe, jedoch einen Qualitätssprung bei der Aktivierung des Freisprechmodus am LG V30. Dann jedoch nimmt die Qualität beim Handybesitzer ab. Hier übersteuert der Lautsprecher deutlich und zischelnde, kratzende und poppende Geräusche werden wahrgenommen. Insgesamt zeigt sich die Telefonie-Leistung eher durchschnittlich und enttäuscht deshalb ein wenig, gerade weil sich LG den Sound des Smartphones auf die Fahnen schreibt.

Die Leistung des LG V30 kann im Alltag und auch in Ausnahmesituationen gefallen, auch wenn die Benchmark-Werte keine neuen Rekorde aufstellen. Die Ausstattung ist umfangreich, die Telefonqualität jedoch nur durchschnitt. Hier gibt es also nicht die Bestnote auch wenn das V30 in diesem Bereich viel Schlagkraft beweist.

Einzelwertung Runde 3: 4,5 von 5 Sternen

Kamera

LG ist bei der Kamera kein Risiko gegangen und will mit einem Set punkten, dass in ähnlicher Form schon seit dem LG G5 Verwendung findet. An der Auflösung und den Blenden hat LG gegenüber dem ersten Brennweitenvariablen Kameras geschraubt: Nun kommen eine mit 13 und eine mit 16 Megapixeln auflösende Kamera zum Einsatz. Die Blenden belaufen sich auf 1:1,6 und 1:1,9 für die normale beziehungsweise die weitwinklige Brennweite. Damit sind beide Blenden verbessert worden und es gelangt so mehr Licht zu den Sensoren.

Grundsätzlich zeigen sich beide Kameras auf einem hohen Niveau. Der Bildausschnitt der „normalen“ Brennweite ist wie erwartet nicht im leichten Telebereich, wie es beispielsweise Apple macht, sondern im gemäßigten Bereich ausgeführt, der von herkömmlichen Smartphone-Kameras auch beackert wird. Die Weitwinkel-Kamera agiert wie der Name schon sagt, im Bereich, der vor allem für Landschaftsfotografen oder Szene-Fotografen mit Hang zum breiten Bild geeignet ist. Menschengruppen oder das Festivalbild auf dem man zeigen kann wie viel los ist, sind die Spezialität der Kamera.

Einen Charakterzug der LG-G6-Kamera übernimmt auch die Kamera des V30: Die Farben poppen, sind sehr kräftig und besitzen einen hohen Kontrast. Damit wird man den Geschmack vieler Nutzer treffen, auch wenn der Techniker die Farben als wenig natürlich bezeichnet. Beide Kameras besitzen bei Gegenlicht einen Hang zu Flares, was technisch wieder einen kleinen Mangel darstellt, jedoch von vielen Fotografen auch als Stilmittel geschätzt wird. Die Weitwinkelkamera besitzt einige Verzerrungen an den Rändern, die einen Fischaugen-Effekt erzeugen. Das muss man mögen, um es nicht als störend zu empfinden. Für Videos oder Lifestyle-Bilder wird der Effekt jedoch oft verwendet und so will LG sich auch hier wohl an die junge Kundengruppe richten, die das Format zu schätzen weiß – Puristen haben sich bei den stürzenden Linien im Weitwinkelmodus wohl sowieso schon abgewendet.

Schärfe, Makro und Low-Light

Bei der Schärfe gibt sich das LG V30 auf einem starken Niveau, gerade bei viel Licht. Wird der Dimmer betätigt, zeigt sich, dass die Grenze, wenn es nicht mehr möglich ist aus der Hand zu schießen, als recht weitläufig. So sind auch erstaunlich gute Bilder möglich, auch wenn das Licht sehr schlecht wird und kein Stativ zur Hand ist. Die Farben sind dabei ebenfalls auf einem guten Niveau, bevor sie ab eines gewissen Levels in Dunkelheit abbrechen. Erst spät wird das Rauschen zu viel und der Grünstich zu deutlich, der sich bei Low-Light in weiße Flächen einschleicht, dann jedoch sieht man die Leistungsgrenze des V30 deutlich.

Bei Makros wird schnell klar, dass man hier einen verlässlichen Partner in der Hand hält. Die Schärfe sitzt immer, auch wenn die Schärfeebene manchmal etwas größer ausfallen könnte. So kann es sein, dass ein Detail nicht mehr ganz und gar im Schärfebereich liegt, was ab und an ärgerlich, jedoch wegen der großen Blende nicht zu verhindern ist. Beim Weitwinkel-Teil ist der Makrobereich nicht ganz so toll: Die Naheinstellgrenze ist weit länger und so werden, gepaart mit dem großen Bildwinkel, Makros unmöglich. Das ist jedoch kein Beinbruch, hat man ja zwei Kameras an Bord des Boliden.

Blitz mit Spotligh-Manko

Der Blitz des LG V30 ist muskelbepackt, schlägt jedoch wie ein Boxer immer auf die Zwölf und nie daneben. Das ist schade, da eine Ausleuchtung des kompletten Bildes das Ziel sein sollte und nicht nur ein überbeleuchtetes Zentrum mit dickem schwarzen Rahmen. Hier wäre also ein bisschen mehr Weitwinkligkeit angebracht gewesen. Auch die Farben werden von ihm nicht verschont: So prügelt der Blitz Farbnuancen aus dem Bild wie Henry Maske Gegner aus dem Ring.

Videos wie die Hollywood-Profis?

In Sachen Video hat sich LG bei der Vorstellung auf der IFA 2017 nicht zurückgehalten und die ganz große Glocke geläutet: Mit voreingestellten Effekten sollen Film-Looks à la Hollywood möglich sein und mit einer intelligenten Zoom-Automatik, Punktzoom genannt, sollen Kamerafahrten nachgeahmt werden können. Im Test stellt sich gerade zweiteres als sehr schicker Effekt heraus. Die Zoomfahrt verläuft dabei in der eigenhändig gewählten Geschwindigkeit und kann so auch variiert werden. Zu beachten ist dabei, das schon vorher die Schärfe gesetzt werden sollte, da der Autofokus sonst nur schlecht nachkommt und am Ende ein unscharfes Detail zu sehen ist. Trotzdem zeigt LG hier einiges an Innovationswillen, der auch toll umgesetzt wird. Die Filter für die verschiedenen Film-Effekte wie „Film Noir“ oder „Romantische Komödie“ bringen einen deutlichen unterschied ins Ergebnis, man muss es, wie den Fisheye-Effekt jedoch mögen. Apropos Weitwinkelkamera: Mit ihr funktioniert der Spaß nicht und es bleibt nur die normale Videofunktion.

Die Kamera-App

LG nutzt im V30 die altbekannte Kamera-App, die schon in Spitzenmodellen früherer Generationen zum Tragen kam. Mit den vielen Funktionen und Modi wirkt sie mittlerweile jedoch etwas überladen, auch wenn die Steuerung immer noch flüssig und relativ intuitiv von der Hand geht. Der manuelle Modus bietet dem Fotografen viele Möglichkeiten und auch im Videobereich die volle Kontrolle. Darin ist der Punktzoom nicht möglich, jedoch kann die Stereoton-Aufnahme per Hand ausgesteuert werden. Somit zeigt sich die App auf einem sehr guten Niveau, auch wenn es vielleicht ein paar weniger Modi auch getan hätten.

LG V30 – Kamera-App

Das (Kamera-)Auge des Kämpfers LG V30 befindet sich auf einem sehr guten, jedoch nicht herausragenden Niveau. Es gibt bei der Bildqualität besseres am Markt, bei der Videoproduktion und dem Funktionsumfang jedoch spielt LG seine ganze Stärke aus und rettet sich so auf ein gutes Ergebnis und einen Punktsieg.

Einzelwertung Runde 4: 4,5 von 5 Sternen

Software und Multimedia

LG liefert das V30 mit Android Nougat in der Version 7.1.2 und dem hauseigenen Softwarepaket aus. Damit verzichten die Koreaner auf die neueste Google-Software mit dem Beinamen Oreo und der Versionsnummer 8. Die Sicherheitsebene liegt auf dem Niveau von September 2017 und ist damit ebenfalls nicht auf dem neusten Stand. Trotzdem wirkt die Oberfläche frisch, auch wenn sie LG-Kennern doch sehr bekannt vorkommt. Die Änderungen zu den Versionen im LG G6 und Co. sind designerisch mit der Lupe zu suchen. So zeigen sich die Einstellungen weiter im Kategorien-Design, das sich jedoch auch in eine Listenansicht umstricken lässt. Die Benachrichtigungen und Schnelleinstellungen wurden ebenfalls nur mit den Fingerspitzen angefasst.

Das Software-Paket, das LG dem Nutzer gönnt, umfasst vor allem Eigenentwicklungen. Vorinstallierte Drittanbieter-Software, ob sinnvoll oder nicht, findet man auf dem V30 nur wenig. Dafür sind Dopplungen von Funktionalitäten integriert. Zwei Musik-Player, zwei E-Mail-Programme und zwei Foto-Galerien sind eigentlich unnötig, mit LGs Anspruch an ein eigenes Software-Ökosystem jedoch nicht zu vermeiden.

LG V30 – Menü und Einstellungen

Nutzer, die allzu rabiat mit der Software umgehen und auch mal eine App versehentlich löschen, haben auf dem LG V30 ein kleines Backup zu erwarten: Der App-Papierkorb behält gelöschte Apps noch auf dem Smartphone wie es der Papierkorb aus Windows-Oberflächen betreibt. Sie können bei Bedarf wieder hergestellt werden oder aber endgültig getilgt werden, sobald man den Papierkorb leert. Eine Automatik übernimmt den Löschvorgang nach 24 Stunden. Das verhindert Datenmüll und trägt zur Performance bei. Sie wird auch über den „Smart Doctor“ gepflegt. Er beendet unbenutzte Apps, löscht temporäre Daten und gibt so Arbeitsspeicher frei. Aus dieser App-Oberfläche können auch die Akkupflege, Hardware-Tests und eine Diagnose des Smartphones angestoßen werden.

Das Smartphone bietet dem Nutzer bei der Software viele Einstellmöglichkeiten und Individualisierungen an. Dazu stimmt die allgemeine (Arbeits-)Geschwindigkeit. Hier gibt es insgesamt wenig zu meckern, wenn die recht bunte Gestaltung der Icons und Oberflächen gefallen.

Sound – Steckenpferd und Pferdefuß

Ein 32-Bit-Quad-DAC und „exklusive“ B&O-Kopfhörer sollen das LG V30 weit nach vorne in der Sound-Wertung befördern. Doch zuerst tritt eine Ernüchterung, nein, eine Enttäuschung ein: Das Standardlied der inside-digital.de-Tests „Money for Nothing“ erschallt aus dem Lautsprecher des LG V30 dünn, jämmerlich basslos und bei aufgedrehten Reglern auch noch übersteuernd. Die Kopfhörer der Edelmarke versprechen Abhilfe und so wird der erste schlechte Eindruck weggewischt und das Headset angeschlossen. Die Begeisterung hält sich hier allerdings auch in Grenzen. Sie spielen sehr ausgewogen, lassen aber den letzten Punch vermissen. Doch LG hat noch eine Geheimwaffe in petto, die jedoch schon einige Jahre auf dem Buckel hat:

Die Musik-App LGs kommt wie schon in der Vergangenheit mit Equalizer, Tonanpassungen und einigen Soundeffekten zum Kunden. Hier können sich Musikliebhaber austoben und das Lächeln huscht zurück in das enttäuschte Testergesicht. Trotzdem kann die Software die Hardware-Schwächen nicht ganz ausbügeln und so bleibt ein fader Beigeschmack im Multimedia-Bereich hängen.

LG V30 – Musik-App

Bei der Software lässt sich LG nicht lumpen, bei der Multimedia-Leistung jedoch schon. Somit bleibt in diesem Bereich eine gute aber keine sehr gute Benotung stehen.

Einzelwertung Runde 5: 4 von 5 Sternen

Akku

Der Akkutest beinhaltet in den ersten acht Stunden eine aktive Nutzung des Smartphones mit jeweils 30 Minuten spielen, Video streamen, Radio hören und telefonieren. Dazu werden in dieser Zeit Screenshots und Testbilder erstellt, Uploads und Downloads getätigt und im Internet gesurft. Nach der ersten Phase schließt sich eine zweite an, in der die Standby-Zeit von 16 Stunden durchlaufen wird in der nichts mit dem Smartphone getan wird.

LG V30 – Akku-Test

Mit den Aufgaben im Intensivtest kommt das LG V30 locker klar und verliert in den ersten acht Stunden lediglich 22 Prozentpunkte. So bleiben zum Start der zweiten Testphase noch 78 Prozent übrig, die sich in der Restzeit um weitere 13 Punkte verringern. Nach 24 Stunden sind also noch 65 Prozent des Sprits im Tank, was einen guten Wert darstellt. Über den zweiten Tag könnte man also auch noch hinüber kommen. Für ein Wochenende in der Wildnis wird der Akku jedoch nicht reichen, was bei einem so potenten Smartphone allerdings auch kein Beinbruch ist.

 Modell  Kapazität (mAh) Akkustand  Verbrauch 
Arbeitstag (8h) Nacht im Standby (16h) Intensivtest (8h) Standby (16 h)
direkte Konkurrenz    
Samsung Galaxy Note 8 2500 59 43 41 16
Nokia 8 3090 71 65 29 6
Huawei P10 3200 54 38 46 16
ehemalige Spitzenmodelle
Samsung Galaxy S7 3000 58 35 42 23
OnePlus 3T 3400 69 61 31 8
Moto Z2 Play 3000 75 68 25 7
aktuelle Referenzen
LG X power 2 4500 83 74 17 9
Huawei Mate 10 Pro 4000 75 69 25 10
Huawei Y7 4000 75 69 25 6

Die guten Akkuwerte werden im Test von der Schnellladefähigkeit begleitet und dem Standard für kabelloses Laden, Qi, komplettiert. Somit geht dem LG V30 auch nach 12 Runden nicht die Puste aus und die Regenerationszeiten bleiben kurz. Damit erreicht das LG V30 hier die Top-Wertung und kann auf ganzer Linie überzeugen.

Einzelwertung Runde 6: 5 von 5 Sternen

Fazit

Im Ring der Flaggschiff-Smartphones von Apple, Huawei, Samsung und Co. geht es knapp zu. Das LG V30 kommt recht passabel aus dem Kampf und trägt ein blaues Auge in Form eines Fehlers im Display davon. Dass es trotzdem ein sehr gutes Smartphone ist und in anderen Bereichen bärenstark abliefert, steht nach dem Test außer Frage. Die Highlights sind im Videobereich, dem tollen Gehäuse und dem Akku zu suchen. Die im Vorlauf hochgelobte Audioausstattung bleibt dabei jedoch hinter den Erwartungen zurück, was jedoch am Lautsprecher und den nicht sonderlich herausstechenden Kopfhörern liegt.

LG V30 Sternesiegel

Pros des LG V30

  • tolles Gehäuse
  • innovative Videofunktionen
  • starker Akku

Contras des LG V30

  • Blaustich im Display
  • durchschnittliche Telefonqualität
  • plärrender Lautsprecher

Preis-Leistung

Der Preis des LG V30 beläuft sich zum Marktstart auf knapp 900 Euro. Damit stößt man in eine neue Liga vor und konkurriert mit Samsung und Apple nicht nur bei der Leistung, sondern auch beim Preis. Ergeht es dem LG V30 jedoch so wie den Spitzenmodellen LG G6 und G5, wird sich der Preis in nur wenigen Monaten mindestens halbieren. Diese Preisniedergänge werden LG weh getan haben, zeigen jedoch, dass man die gesteckten Absatzziele wohl nicht erreicht hat. Der Preis des LG V30 wird dem Absatz auch nicht gut tun, denn die gezeigte Leistung ist zwar sehr gut, jedoch gibt es ähnliche Smartphones auch schon für weniger Geld. So sollten potenzielle Kunden abwarten und etwas Zeit ins Land gehen lassen. Dann wird sich ein Preis-Leistungs-Niveau ergeben, das eine Empfehlung rechtfertigt. Mit dem aktuellen Preis ist eine solche Empfehlung nur schwer zu argumentieren.

Alternativen

Im Preisbereich des LG V30 befinden sich so nur wenige Smartphones auf dem Markt, die jedoch allesamt nur so vor tollen Features, Qualität und Leistung strotzen. Darunter befinden sich unter anderem das Samsung Galaxy Note 8, das neue iPhone X und dessen Brüder iPhone 8 und 8 Plus, sowie der High-End-Vertreter von Huawei, das Mate 10 Pro. Bei dieser Auswahl geht es um Nuancen und überwiegend kommt es auf den persönlichen Geschmack des Kunden an. Lässt man den Preis sprechen und es genügt auch ein Spitzenmodell aus dem Frühjahr oder Sommer 2017, wird deutlich, dass Nutzer nicht die geforderten knapp 900 Euro ausgeben müssen, sondern mit weit weniger auskommen, ohne die ganz großen Abstriche machen zu müssen. Zu Vertretern dieser Spezies von Smartphones gehören die folgenden:

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