"Der Netzwerk-Effekt wird auch bei SIMSme eintreten"

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Im März feierte SIMSme, der im August 2014 veröffentlichte Messenger der deutschen Post, den 1-millionsten Download seiner App. Im Gespräch mit inside-digital.de nimmt Marco Hauprich, Senior Vice President Mobile & New Media bei der Deutschen Post, Stellung zu den aktuellen Nutzerzahlen, dem hart umkämpften Messenger-Markt, der neuen Windows-Phone-App, neuen Funktionen und Geschäftsmodellen und erklärt, wieso es keine Blackberry-App geben wird.
Simsme Messenger von der Deutschen Post

inside-digital.de: Herr Hauprich, der Chat-Messenger der Post, SimsMe, wurde im August 2014 vorgestellt und hat nun im März die 1-Million-Download-Grenze geknackt. Wie zufrieden sind Sie mit diesem Ergebnis?

Marco Hauprich: „Wir sind sehr zufrieden mit diesem Ergebnis. Vor allem wenn man bedenkt, dass wir SIMSme im August letzten Jahres mit einem ersten Ziel von 50.000 Nutzern gestartet hatten, die wir bereits nach zwei Tagen erreicht haben.“

inside-digital.de: In der Pressemitteilung vom März sprechen Sie von 1 Million Downloads des Messengers. Wie hoch ist die Zahl der tatsächlich aktiven Nutzer?

Marco Hauprich: „Mittlerweile haben wir sogar schon 1,1 Millionen Downloads und von diesen 1,1 Millionen haben sich auch viele tatsächlich einen Account angelegt.“

inside-digital.de: Lässt sich denn auch nachvollziehen, wie viele von diesen 700.000 Account-Inhabern ihn auch wirklich tagtäglich nutzen? In einem Test in der inside-digital.de-Redaktion erreichte ein Redakteur beispielsweise über SIMSme zwar 13 seiner 300 Kontakte, erhielt allerdings nur von einem noch aktiven Nutzer die verwunderte Antwort, dass er der erste sei, der ihm seit Monaten über SIMSme geschrieben habe.

Marco Hauprich: „Das ist nicht weiter verwunderlich, denn es gibt immer eine gewisse Diskrepanz zwischen Downloads und aktiven Nutzern. Aber hier bitte ich um Verständnis, dass wir aus Wettbewerbsgründen keine detaillierteren Zahlen nennen möchten.“

inside-digital.de: Durch welche Eigenschaften konnte SIMSme seine Nutzer Ihrer Meinung nach bisher für sich gewinnen?

Die Post als sicherer Nachrichten-Übermittler gegen WhatsApp und Co.

Marco Hauprich: „Sehr gut angekommen ist das Selbstzerstörungs-Feature, dank dem ich eine Nachricht versenden kann und selber bestimmen kann, nach wie vielen Sekunden sich diese beim Empfänger von selbst zerstört. Auch das Anfertigen eines Screenshots ist bei einer solchen Nachricht nicht möglich. Generell spielen aber auch noch das Thema Sicherheit und die Deutsche Post als starke Marke eine sehr große Rolle. Da wir als Post schon seit 500 Jahren Nachrichten sicher übermitteln, traut man uns auch zu, dies im mobilen Geschäft sehr gut zu erledigen. Nach den ganzen Datenschutzskandalen in der letzten Zeit ist das Interesse an einem sicheren Messenger vorhanden und das steigert die Nutzung von SIMSme natürlich extrem.“

inside-digital.de: Mit welchen Maßnahmen im Detail versucht SIMSme, den Datenschutz seiner Nutzer zu gewährleisten?

Marco Hauprichs
Bildquelle: Deutsche Post

Marco Hauprich, Deutsche Post

Marco Hauprich: „Zunächst einmal speichern wir alles auf deutschen Servern in grundschutzzertifizierten Rechenzentren. Für uns gelten die strengen deutschen Datenschutzregeln. Bedeutet: Wir haben eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, wir speichern keine Daten außer einer Telefonnummer, aber noch nicht einmal den Namen dazu. Insofern wissen wir nichts über den Nutzer und können auch nichts herausgeben. Alles ist absolut privat.“

inside-digital.de: Wie genau werden die Nachrichten verschlüsselt damit sie privat bleiben?

Marco Hauprich: „Wenn ich mich bei SIMSme anmelde wird automatisch ein privater Schlüssel generiert, der auch auf dem Gerät bestehen bleibt. Nur mit diesem privaten Schlüssel kann ich eine öffentlich verschlüsselte Nachricht auch öffnen. Selbst wenn jemand den Server, auf dem Nachrichten solange gespeichert bleiben, bis sie der Empfänger abgerufen hat, knacken würde, könnte er diese ohne den dafür vorgesehenen privaten Schlüssel nicht öffnen.“

inside-digital.de: Das heißt dann, dass auch auf Android-Geräten nichts im Log oder im Temp abgespeichert wird, wie es zum Beispiel bei WhatsApp der Fall ist?

Marco Hauprich: „Nein, weder im Log, noch im Temp, noch sonst irgendwo.“

Nächstes Update bringt die Verteilerlisten und Content-Kanäle

inside-digital.de: Das Thema Sicherheit spielt bei vielen Nutzern sicherlich eine zentrale Rolle. Jedoch bieten andere Messenger, wie der Marktführer WhatsApp, zahlreiche weitere Funktionen wie eine Web-Version und die erst kürzlich eingeführte Telefon-Funktion. Plant auch die Post, ihren Messenger mit neuen Funktionen zu versorgen?

Marco Hauprich: „In der Tat sind noch einige neue Funktionen in Planung. Grundsätzlich kann man mit SIMSme ja schon einmal all das versenden, was mit WhatsApp auch möglich ist. Zudem ist die Anzahl möglicher Gruppenmitglieder bei SimsMe größer. Schon bald werden wir aber ein weiteres Update herausbringen.“

inside-digital.de: Wie weit sind Sie mit dem Update konkret?

Marco Hauprich: „Das Update laden wir ganz aktuell in die App Stores hoch; jedoch dauert es dann für gewöhnlich immer noch ein paar Tage, ehe es auch für die Nutzer zur Verfügung steht. Es beinhaltet in jedem Fall viele gute Features, da uns schon bewusst ist, dass wir mit den Funktionen schnell unterwegs sein müssen und mindestens einen Schritt besser sein sollten als der Wettbewerb.“

inside-digital.de: Um welche Features genau handelt es sich dabei?

Marco Hauprich: „Zum einen beinhaltet das Update Content-Kanäle von einigen namhaften Partnern. Innerhalb eines SimsMe-Chats kann der Nutzer dann Content von Partnern abonnieren, sodass er oder sie immer auf dem Laufenden gehalten wird. Dies geschieht in Form von Echtzeit-Nachrichten, in denen immer ein Bild, ein Teaser und ein Link dargestellt werden. Dieser Link führt dann zu dem mobilen Angebot des Content-Anbieters, sodass sich dieser dann auch über erhöhte Zugriffe freut. SIMSme selbst erhöht damit die aktive Nutzung und die Zahl der Nutzer. Zum anderen umfasst das Update auch eine Verteilerliste. Bisher muss man bei SIMSme erst einmal eine Gruppe eröffnen, wenn man vielen Nutzern gleichzeitig schreiben möchte. Mit der neuen Verteilerliste funktioniert dies ganz einfach wie bei einer SMS.“

inside-digital.de: Also entspricht die Verteilerliste der Broadcast-Funktion von WhatsApp?

Marco Hauprich: „Ja genau, das ist im Prinzip wie bei der Broadcast-Funktion. Das Update beinhaltet aber auch noch ein komplett überarbeitetes Design, die Usability wurde nachgebessert und auch die Performance funktioniert noch besser. In diesem Jahr haben wir aber auch noch viele weitere spannende Features vor. Die kann ich aber jetzt noch nicht verraten.“ (lacht)

SimsMe jetzt auch für Windows Phone verfügbar

inside-digital.de: Nicht einmal ein kleine Anspielung?

Marco Hauprich: „Nein, aber was auch noch völlig neu ist: Wir haben jetzt auch einen Windows-Client für Windows Phone 8.1. Auch diese App gibt es wieder kostenlos und werbefrei sowie in zehn Sprachen im App Store. Natürlich planen wir die App auch noch für Windows 10 zu optimieren, damit man SIMSme auch direkt am PC und Tablet nutzen kann.“

inside-digital.de: Ab wann wird die Windows Phone-App genau zum Download bereit stehen?

Marco Hauprich: „Sie ist ab sofort verfügbar.“

inside-digital.de: Mit der nun verfügbaren Windows-Phone-App fehlt jetzt im Grunde nur noch Blackberry. Ist auch eine solche App geplant?

Marco Hauprich: „Nein, das ist nicht geplant.“

Weiter massiv in die Kommunikation und in das Marketing investieren

inside-digital.de: Vermutlich wird SIMSme durch die neue Windows-Phone-App nun auch wieder ein paar neue Nutzer gewinnen. Dennoch ist einer der Hauptkritikpunkte der SIMSme-Nutzer, dass sie über den Messenger aufgrund der verhältnismäßig geringen Nutzerzahl nur einen Bruchteil ihrer Freunde und Bekannten erreichen. Wie versuchen Sie, dieser Dilemma-Situation entgegen zu wirken?

Marco Hauprich: „Das ist tatsächlich ein Henne-Ei-Problem, das uns natürlich sehr bewusst ist. Ein Messenger wie SIMSme lebt vom Netzwerk-Effekt, der erst eintritt, wenn man eine gewisse Anzahl von Nutzern auch tatsächlich erreichen kann. In dieser Hinsicht können wir einfach nur weiter in die Kommunikation und in das Marketing investieren. Banden-Werbung beim Fußball bringt uns immer eine hohe vierstellige Anzahl von Registrierungen pro Tag“

inside-digital.de: Eine Umfrage von inside-digital.de unter 100-Smartphone-Nutzern zwischen 10 und 70 Jahren hat ergeben, dass 99 Prozent der Nutzer WhatsApp und 94 Prozent der Nutzer den Facebook Messenger kennen. SIMSme war jedoch nur 10 Prozent der Befragten ein Begriff. Wie werden Sie in Zukunft versuchen, die Bekanntheit des Messengers zu steigern?

Marco Hauprich: „Naja, 10 Prozent ist ja schon mal etwas. Wenn man von 80 Millionen Bundesbürgern ausgeht und wir davon 8 Millionen Nutzer hätten, wäre das ja prima. Aber klar, der Facebook Messenger und WhatsApp sind natürlich die Platzhirsche, die schon lange auf dem Markt sind. Und dieser ist wirklich ein sehr stark umkämpfter und besetzter Markt, da muss man sich die Nutzer tatsächlich über Marketing akquirieren und einfach besser sein als die anderen. Irgendwann tritt der Netzwerk-Effekt dann auch ein und dann wird sich SIMSme weiter verbreiten, da bin ich sehr sicher. Vor allem mit den Features die dieses Jahr noch kommen.“

inside-digital.de: Besonders unbekannt war der Messenger in der Altersgruppe der über 40-Jährigen. Wie erklären sie sich, dass eher die Jüngeren SIMSme kennen?

Marco Hauprich: „Also das kann ich mir nicht so wirklich erklären, da ich es persönlich bisher anders erlebt habe. Wir investieren eher in die Jugendkommunikation und wollen so neue junge Leute für uns gewinnen. Da wir ja auch nur die Telefonnummer unserer Nutzer haben, besitzen wir auch keine Nutzerdaten. Somit wissen wir zum Beispiel nicht, was die Nutzer für ein Alter haben oder welchen Hobbys sie nachgehen.“

inside-digital.de: Anders als WhatsApp, bietet die Post ihren Messenger bisher noch kostenlos in den App Stores an. Wann und wie verdient die Post mit dem Messenger Geld?

Marco Hauprich: „Sobald eine bestimmte Reichweite da ist, werden wir mit dem Messenger auch Geld verdienen. Wir werden täglich von Geschäftskunden aus unterschiedlichen Branchen angefragt, die SIMSme zum Beispiel im eigenen Unternehmen einsetzen wollen um beispielsweise Industriespionage vorzubeugen. In dieser Hinsicht werden wir demnächst auch eine Lösung entwickeln, um SIMSme einfacher in die Unternehmen zu integrieren.“

„Voice over IP können und wollen wir nicht“

inside-digital.de: Gibt es derzeit noch andere Geschäftsmodelle an denen Sie arbeiten?

Marco Hauprich: „Ja und zwar arbeiten wir derzeit auch an einer mTan-Lösung via SIMSme. Bisher ist es ja so, dass man für eine Online-Überweisung eine Transaktionsnummer per SMS geschickt bekommt. Eine SMS ist allerdings nicht so sicher wie SIMSme. Und da SIMSme IP-gestützt ist, kostet es auch nur die Hälfte.“

inside-digital.de: Wie weit fortgeschritten ist das mTan-Projekt?

Marco Hauprich: „Bisher haben wir bereits eine Gateway-Lösung gebaut. Jetzt geht es darum die Gespräche mit den Banken und Versicherungen noch weiter zu vertiefen um am Ende auch mit diesem Modell Geld verdienen zu können.“

inside-digital.de: Noch eine kleine Prognose in die Zukunft: Wann wird man als deutscher Nutzer SIMSme hinsichtlich der Funktionen und der Nutzerzahlen gleichwertig wie WhatsApp nutzen können?

Marco Hauprich: „Das können Sie jetzt schon machen, zumindest hinsichtlich der Funktionen.“

inside-digital.de: Aber einige Funktionen fehlen ja definitiv noch wie die Web-Version und die Telefon-Funktion.

Marco Hauprich: „Voice-Over-IP-Telefonate können und wollen wir auch nicht anbieten. SIMSme ist und bleibt ausschließlich ein sicherer Messenger.“

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