(K)ein himmlisches Internet-Vergnügen

7 Minuten
Mobil arbeiten zu können, ist vor allem für geschäftlich Reisende in zahlreichen Berufen unverzichtbar geworden. Während es den einen ausreicht, auf ein Notebook mit der vorinstallierten Software im Offline-Modus zu setzen, brauchen immer mehr Nutzer auch unterwegs eine Verbindung zum Internet. An Bord von vielen Lufthansa-Flügen lässt sich das so genannte FlyNet nutzen. Die Redaktion von inside-digital.de hat den fliegenden WLAN-Hotspot getestet.
Lufthansa FlyNet Antenne
Bildquelle: inside-digital.de

Rückblick: Schon im Jahr 2003 hatte Lufthansa sein Internet-Angebot an Bord von ausgewählten Langstrecken-Jets gestartet. Kurze Zeit später war aber schon wieder Schluss, weil der Breitband-Zugang für WLAN-fähige Endgeräte aus technischen und wirtschaftlichen Gründen wieder eingestellt werden musste. Das heute nutzbare, satellitengestützte FlyNet wurde Ende 2010 in Betrieb genommen und seitdem Schritt für Schritt mit Hilfe des Technologie-Partners Panasonic Avionics ausgebaut. Es lässt sich seit dem Jahr 2014 in allen Langstrecken-Jets der Fluggesellschaft nutzen und steht rund um den Erdball auf allen Interkontinental-Verbindungen zur Verfügung. Selbst für den chinesischen Luftraum besitzt Lufthansa inzwischen eine vorläufige Betriebs-Lizenz.

Lufthansa FlyNet
Bildquelle: Lufthansa

Nutzbar ist das Lufthansa FlyNet mit allen WLAN-fähigen Smartphones, Tablets und Notebooks. In der Kabine der FLugzeuge weist ein Hotspot-Symbol auf die generelle Verfügbarkeit hin. Zu beachten ist allerdings, dass der Internetzugang an Bord von Lufthansa-Flugzeugen nicht während Start und Landung nutzbar ist. Das WLAN-Netzwerk mit der SSID „Telekom_FlyNet“ wird von der Besatzung erst nach Erreichen der Reiseflughöhe aktiviert und etwa 20 Minuten vor der Landung wieder deaktiviert. Wichtig auch: Telefonate sind an Bord von Lufthansa-Maschinen unabhängig von der eingesetzten Technologie grundsätzlich verboten. Das gilt auch für Verbindungen über Dienste wie Skype, den Facebook Messenger oder WhatsApp. Argumentiert wird von der führenden deutschen Fluggesellschaft, dass Telefonate die Ruhe anderer Passagiere stören könnten. Dem möchte man mit dem generellen Verbot vorbeugen.

Lufthansa FlyNet
Bildquelle: Lufthansa

Das kostet das Lufthansa FlyNet

Lufthansa FlyNet Siegel
Bildquelle: Lufthansa

Wer mit einem Airbus A380, einer Boeing 747 oder einem anderen Langstrecken-Jet der Lufthansa-Flotte abhebt, kann an Bord zwischen drei FlyNet-Tarifen auswählen, die über die Deutsche Telekom abgerechnet werden:

  • 1 Stunde für 9 Euro (oder 3.000 Miles&More-Meilen)
  • 4 Stunden für 14 Euro (oder 4.500 Miles&More-Meilen)
  • 24 Stunden für 17 Euro (oder 5.500 Miles&More-Meilen)

Anders als beispielsweise die eigene Konzerntochter Eurowings oder der strauchelnde Wettbewerber Air Berlin setzt Lufthansa nicht auf eine volumenbasierte sondern auf eine stundenbasierte Abrechnung. Und daran soll sich in naher Zukunft auch nichts ändern. „Wir beobachten die Entwicklungen im Markt mit großem Interesse und behalten uns natürlich auch potenzielle Angebotswechsel vor. Derzeit sind aber keine Änderungen in Richtung Volumentarife geplant“, erklärte eine Sprecherin der Airline auf Anfrage von inside-digital.de.

Ferner ist zu beachten: Wer einen der drei Zugangspässe bucht, kann diesen auf Wunsch auch auf mehreren Geräten verwenden. Allerdings nicht zeitgleich, sondern nacheinander nach einem entsprechenden Login auf Smartphone, Tablet oder Notebook.

Das Lufthansa FlyNet im Test

Von inside-digital.de wurde das FlyNet von Lufthansa auf zwei USA-Verbindungen auf die Probe gestellt. Einerseits auf der Route von Frankfurt nach San Francisco an Bord eines Airbus A380, andererseits in einer Boeing 747-8 zwischen Chicago und Frankfurt. Und die Unterschiede bei der Performance hätten deutlicher kaum sein können. Während auf dem Hinflug nur in Ausnahmefällen mehr als 500 Kbit/s im Downstream und praktisch nie mehr als 1 Mbit/s zur Verfügung standen, teilweise sogar gar kein Datendurchsatz gemessen werden konnte, waren auf dem Rückflug nahezu durchgehend rund 4 Mbit/s nutzbar.

Entsprechend unterschiedlich fällt auch das Fazit zur Nutzung aus. In dem auf dem Hinflug eingesetzten A380 waren nur einzelne Dienste auf einem akzeptablen Niveau zu verwenden – zum Beispiel Facebook und der zugehörige Messenger. An die Nutzung von Streaming-Diensten und das normale Internetsurfen war hingegen auf weiten Teilen der Flugstrecke nicht zu denken, weil die Ladezeiten die Geduld des Nutzers bis ins Unermessliche strapazierten. Vor allem Seiten mit vielen Fotos und Grafiken brauchten zum Teil mehrere Minuten, um komplett geladen zu werden. Selbst der Abruf eines Webmail-Postfachs bei Gmail war nur möglich, wenn dem Browser viel Zeit für das Laden gewährt wurde. Der Nachrichten-Austausch über den Dienst Slack funktionierte zum Teil überhaupt nicht, weil das Programm eine fehlende Internetverbindung signalisierte. Das alles fühlte sich ein bisschen an wie Mitte der 1990er Jahre, als die Internetnutzung mit Modem-Verbindungen langsam populär wurde.

Was das FlyNet aber tatsächlich leisten kann, wurde dann auf dem Rückweg nach Deutschland deutlich. Eine spürbar schnellere Download-Geschwindigkeit sorgte dafür, dass nicht nur Internetseiten wesentlich schneller geladen wurden, sondern auch zwei getestete Audio-Livestreams (Spotify & Amazon Prime Music) gut funktionierten. Sogar ein Livestream des TV-Angebots von Sky Sport News war möglich. Zwar war in diesem Fall kein Bild in HD-Qualität abrufbar, insgesamt war die Bildqualität aber für den Moment völlig ausreichend. Nicht zufriedenstellend funktionierte hingegen ein Livestream von Filmen und Serien über Amazon Prime Video. Ständiges Nachladen machte einen entspannten Video-Genuss unmöglich.

Die Ursachen für die Performance-Probleme herauszufinden, ist schwierig bis unmöglich. „Die Surfgeschwindigkeit hängt von diversen Faktoren ab“, weiß eine Lufthansa-Sprecherin zu berichten. „So können zum Beispiel Wetter, andere Flugzeuge, die sich mit dem selben Satellitenstrahl verbunden haben oder parallele Nutzer im Flugzeug die Surfgeschwindigkeit beeinflussen.“ Insgesamt könne man die Geschwindigkeiten aber „mit denen von öffentlichen Hotspots am Boden vergleichen“, so die Sprecherin weiter.

Zumindest letztre Aussage muss man in Frage stellen. Denn wer sich in Deutschland mit einem öffentlichen WLAN-Hotspot verbindet, kann in der Regel deutlich schnellere Verbindungen nutzen und auch TV-Livestreams in ruckelfreier HD-Qualität genießen. Das ist mit dem FlyNet derzeit nach Erfahrungen der Redaktion nicht möglich – erfüllt aber wohl auch eher nicht das Nutzungsszenario, das mit dem WLAN in über zehn Kilometern Höhe angesprochen werden soll. Kunden, die auf einem Flug Probleme mit dem WLAN-zugang haben, sollten sich an den HotSpot-Kundenservice der Deutschen Telekom wenden. Dieser biete per E-Mail und telefonisch die Möglichkeit zur Reklamation an, heißt es seitens Lufthansa. „Der Kundenservice prüft dann, ob es auf einem Flug tatsächlich zu Einschränkungen gekommen ist und nimmt in solchen Fällen kulant und unkompliziert eine Erstattung der Kosten vor“, teilte Lufthansa auf Anfrage weiter mit.

Abgesehen von dem klassischen Internetzugang bietet das FlyNet-Portal an Bord der Lufthansa-Maschinen aber auch noch weitere Inhalte, die größtenteils kostenlos abgerufen werden können. So stehen zum Beispiel regelmäßig aktualisierte Nachrichten zur Verfügung, es besteht Zugriff auf einige TV-Livestreams und sogar der Versand einer Grußkarte direkt aus dem Flugzeug ist möglich. Darüber hinaus lassen sich Informationen zum aktuellen Flugstatus und zum Zielort inklusive Gate-Informationen zum Anschlussflug abrufen. Darüber hinaus besteht Zugriff auf den Bordshop und kostenpflichtige E-Books.

Und wer neben dem klassischen FlyNet mit seiem Smartphone SMS oder MMS verschicken beziehungsweise das mobile Internet nutzen möchte, kann übrigens auch das tun. Doch Vorsicht: Es gelten für diese GSM-Dienste Roaming-Preise, bei denen vor der Nutzung in jedem Fall die festgelegten Konditionen geprüft werden sollten. Eine intensive Nutzung kann unter Umständen recht schnell ziemlich teuer werden. Voraussetzung für die Nutzung ist, dass der persönlich verwendete Mobilfunk-Anbieter ein Roaming-Abkommen mit dem Anbieter AeroMobile hat.

Lufthansa FlyNet

Das FlyNet kommt auf die Kurz- und Mittelstrecke

Übrigens: Auch auf der Kurz- und Mittelstrecke wird das FlyNet in Zukunft nutzbar sein. Dabei wird allerdings nicht auf die Satelliten-Technik von Panasonic Avionics zurückgegriffen, sondern die GX-Plattform von Inmarsat. Eine Testphase bei Lufthansa und der Tochtergesellschaft Austrian Airlines mit zunächst zehn Maschinen der Airbus-A320-Familie hat bereits begonnen. Bis Mitte 2018 soll die gesamte A320-Flotte von Lufthansa in der Lage sein, Internetverbindungen an Bord anzubieten. Darüber hinaus wird es Internet an Bord auch bei der Lufthansa-Billigtochter Eurowings geben. Insgesamt 69 Eurowings-Flugzeuge sollen bis zum Sommer 2017 mit der entsprechenden WLAN-Technik ausgestattet werden.

In einem weiteren Schritt kommt schließlich auch ein von der Deutschen Telekom und Inmarsat aufgebautes Netzwerk, das LTE und Satelliten-Verbindungen miteinander kombiniert, zum Einsatz: das European Aviation Network. Eine erste Maschine, die Internet-Verbindungen auf Basis der Hybrid-Technologie möglich macht, könnte bei Lufthansa noch im Laufe der zweiten Jahreshälfte dieses Jahres abheben.

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1 KOMMENTAR

  1. Nutzerbild Martin

    Dass die Performance auf dem Flug von ORD nach FRA deutlich besser war als auf der Strecke FRA-SFO hat (neben den bereits genannten Gründen) auch ein einen einfachen geo-physikalischen Grund: Auf den Routen an die US Westküste (SFO, LAX, SEA, …) erreichen Flugzeuge auf dem Großkreis viel höhere Breitengrade. Je höher der Breitengrad, desto kleiner wird der Winkel („Lookangle“) zum Geo Satelliten über dem Äquator. Je kleiner der Winkel zwischen Sat und Flugzeug, desto schlechter die Performance. Ab ca. 70° Breite geht rein physikalisch praktisch gar nichts mehr. Nahe des Äquators ist die Performance am Besten.

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