Huawei P20 im Test: Der gute Kompromiss

21 Minuten

Huawei P20 im Test
Bildquelle: Michael Stupp / inside handy

Ist es der heimliche Star im aktuellen Portfolio der P20-Serie von Huawei? Das P20 ist günstiger als das P20 Pro und auf dem Papier deutlich besser als das P20 Lite. Ist das P20 also nur ein Kompromiss zwischen den beiden „Extremen“, die Huawei anbietet? Im Test muss das Handy zeigen, wo es wirklich steht.

Angesichts des Preises von knapp 650 Euro schmeckt das Datenblatt ziemlich nach Oberklasse. Der Prozessor ist klar aus der Flaggschiff-Serie gegriffen und auch die Kamera zeigt Merkmale teurer Spitzenklasse. Daneben muss das Handy aber auch ein gutes Handling haben, ein eindrucksvolles Display vorweisen können und nicht zuletzt eine starke Akku-Performance an den Tag legen um vorne mit dabei zu sein.

Die technischen Daten der P20-Familie in Übersicht und Vergleich:

Huawei P20 Huawei P20 Lite Huawei P20 Pro
Huawei P20
Bildquelle: Huawei
Huawei P20 Lite
Bildquelle: Huawei
Huawei P20 Pro
Bildquelle: Huawei
Display 5,8 Zoll, 1.080 x 2.240 Pixel 5.84 Zoll, 1.080 x 2.280 Pixel 6,1 Zoll, 1.080 × 2.240 Pixel
Betriebssystem-Version Android 8.1 (Oreo), EMUI 8.1 Android 8.0 (Oreo), EMUI 8.0 Android 8.1 (Oreo), EMUI 8.1
Prozessor Kirin 970
Octa-Core / 4 x 2,36 GHz, 4 x 1,8 GHz
Kirin 659
Octa-Core / 4 x 2,36 GHz, 4 x 1,7 GHz
Kirin 970
Octa-Core / 4 x 2,36 GHz, 4 x 1,8 GHz
RAM 4 GB 4 GB 6 GB
interner Speicher 128 GB 64 GB 128 GB
MicroSD nein Ja (256 GB) nein
Kamera vorne/hinten 24 MP / 20 + 12  MP 16 MP / 16 + 2 MP 24 MP / 40 + 20 + 8 MP
Fingerabdruckscanner Ja
Akku 3.400 mAh 3.000 mAh 4.000 mAh
WLAN 2,4 & 5 GHz 2,4 GHz 2,4 & 5 GHz
USB-Port USB 3.1 Typ-C
IP-Zertifizierung keine IP67 (Schutz vor Untertauchen)
Abmessungen (mm) 149,1 × 70,8 × 7,65 148,6 × 71,2 × 7,45 155 × 73,88 × 7,65
Farben Blau, Schwarz, Pink-Gold Blau, Schwarz, Sakura Pink, Gold Schwarz, Blau, Twighlight
Einführungspreis 649 EUR 369 EUR 899 EUR
verfügbar ab  April 2018 März 2018 April 2018

Design und Verarbeitung

Huawei zeigt sich bei der Gestaltung seiner neuen Serie teilweise innovativ, vor allem aber konsequent. Denn die Verwandtschaft zu den beiden Serienbrüdern ist nicht von der Hand zu weisen.

Das Huawei P20 hat sein Metallkleid zum großen Teil abgestreift und baut jetzt auf eine Rückseite aus Glas. Damit folgt es dem Trend, den schon das Samsung Galaxy S9 und das Apple iPhone X zelebrieren. Der Schritt war, nachdem das Mate 10 Pro aus eigenem Hause schon mit einer Glas-Rückseite ausgestattet wurde, vorhersehbar und bietet somit keine Überraschung. Trotzdem ist der Schritt zusammen mit dem geänderten Format eine Zäsur in der Designsprache.

Die Front hat sich durch das größere Display stark modernisiert und kommt nun mit abgerundeten Display-Ecken und kleinen Rändern. An drei der Seiten noch von einem Rand zu sprechen, ist jedoch fast übertrieben. Nur noch am unteren Rahmen tut sich eine nennenswerte Fläche auf. Sie bietet dem Fingerabdrucksensor Platz, der jedoch etwas hineingequetscht aussieht. Der Rand oberhalb des Displays beschränkt sich auf den mittleren Teil des Smartphones. Die Notch, bei Huawei Einschnitt genannt, wird genutzt, um die Frontkamera und den Lautsprecher zum Telefonieren unterzubringen.

Dreht man das Smartphone in der Hand kommen die ersten Parallelen zum Vorgängermodell P10 zum Vorschein. Die Tastenanordnung und auch der farbliche Akzent am Power-Button wurden beibehalten. Dazu ist das SIM-Kartenfach an der gleichen Stelle wie beim 2017er-Modell in das Gehäuse eingebaut. Der untere Rahmenteil wurde jedoch verändert: Die Klinkenbuchse ist Geschichte und statt ihrer ist ein zweites Lautsprechergitter zu sehen, das jedoch keinen Lautsprecher beherbergt, es dient lediglich der Symmetrie. Dazu sind die Schraubenköpfe verschwunden, die noch beim P10 rechts und links neben dem USB-Port positioniert waren.

Die Rückseite hat sich im Vergleich zum P10 am extremsten verändert: Das verwendete Glas spiegelt und die Farben darunter glänzen wie eine Speckschwarte. Das ist nicht negativ gemeint, sondern macht nur deutlich, wie weit man sich vom zum Teil matten Design des Vorgängers entfernt hat. Das Testgerät der Redaktion trägt die Farbe „Pink“. Tatsächlich ist es aber eher ein Cremeweiß, das einen pinkstichigen Farbverlauf aufweist. Dieser wechselt je nach Schimmerrichtung auch mal ins Grünlich-Blaue und erinnert minimal an die Highlight-Farbe „Twilight“ des P20 Pro. Mit den Farben hat Huawei insgesamt aber ins Schwarze getroffen. Sie gefallen durch die Bank und lassen das Gesamtdesign innovativ wirken.

Dennoch hat Huawei das Handy keinesfalls neu erfunden – eher umgedeutet, wenn man die Rückseite betrachtet: Die Kamera liegt nun vertikal statt horizontal im Gehäuse und zeigt die Richtung, die das Design transportieren soll: „Hey Leute, ich bin mehr Kamera als Smartphone“, hört man die Designer flüstern. Der Eindruck wird durch die Beschriftung der Rückseite unterstrichen: Auch hier ist alles Vertikal angeordnet und legt nahe, das Handy im Querformat zu halten. Bei der Einbindung der Kamera verzichtet Huawei auf die Zweifarbigkeit und das Versenken der Module im Gehäuse. Dadurch entsteht ein Buckel, den man von Huawei so nicht gewohnt ist, der sich jedoch schon im Mate 10 Pro angedeutet hat.

Hands-On des Huawei P20

Nimmt man das Huawei P20 in die Hand wundert man sich über das kompakte Gehäuse. In Anbetracht des großen Displays wirkt es fast schon zierlich. Auch die Tiefe mit unter 8 mm fühlt man in der Hand. Die ersten Eindrücke der Kompaktheit verfliegen aber recht fix, sobald man sich die Konkurrenz in Erinnerung ruft, die ähnliche Display-zu-Gehäuse-Verhältnisse anbietet.

Das Gehäuse ist an allen Ecken und Kanten abgerundet, jedoch wirkt es nicht rundgelutscht. Hier ist Huawei bei der Haptik ein kleines Kunststück gelungen und verbindet Geradlinigkeit und Charakter mit einem sehr angenehmen Tragegefühl. Das Gewicht – auf dem Papier stehen 165 Gramm – ist ebenfalls im angenehmen Bereich und das Handy ist gut ausbalanciert. Die Materialien fühlen sich hochwertig an und die Übergänge können sich nicht nur sehen, sondern auch spüren lassen.

Die Taster an der rechten Flanke schlagen in die gleiche Kerbe: Tolle Haptik paart sich mit guter Erreichbarkeit, einem angenehmen Hub und festem Druckpunkt. Der Homebutton fällt wie beim Design etwas aus dem Rahmen. Er ist plan eingelassen und besitzt keinen mechanischen Druckpunkt. Das Vibrationsfeedback kommt nach anfänglicher Trägheit aber schnell und passend.

Kein gänzlich neues, aber ein schönes Handydesign präsentiert Huawei mit dem P20. Abzüge gibt es für die Scharfkantigkeit der Kamera. Positiv hervorzuheben ist der Hingucker-Effekt der neuen Farbvarianten.

Einzelwertung: 4,5 von 5 Sternen

Display

Ein weiterer Unterschied zwischen Basis- und Pro-Modell. Beim Huawei P20 setzt der Hersteller kein OLED-, sondern ein TFT-Display ein und spart damit Geld, liefert aber auch ein Argument für den günstigeren Preis.

Worin sich die Displaytechnologien insgesamt unterscheiden, erklärt die Redaktion in einem gesonderten Artikel.

Einige der Unterschiede erkennt aber auch der Laie bereits beim Hingucken. Vergleicht man die beiden Handys, erkennt man die Leistungsfähigkeit des OLED-Panels im P20 Pro vor allem rund um den Display-Einschnitt und wenn man diesen verbirgt oder er durch Vollbild-Apps verborgen wird. Beim P20 Pro ist die „Notch“ nun quasi unsichtbar, dank OLED-Technik schafft das Display im gewollten Bereich ein annähernd „echtes Schwarz“. Beim P20 erkennt man den Einschnitt trotz schwarz gefärbtem, bündigem Balken noch deutlich. Der Schwarzwert ist hier schwächer.

Soviel zur Technologie. Für sich alleine stehend, ist das Display im P20 für die allermeisten Anwendungen absolut brauchbar. Womöglich treffen die etwas blasseren Farben im Vergleich zu OLED auch den ein oder anderen Geschmack etwas besser.

Huawei P20 mit Einschnitt
Bildquelle: Michael Stupp / inside handy

Der „Einschnitt“ im Display des Huawei P20.

Bei den technischen Merkmalen nehmen sich die beiden Brüder dann wiederum fast nichts: Das P20-Basismodell hat dank kleinerem Bildschirm – 5,8 statt 6,1 Zoll – sogar die etwas höhere Pixeldichte: 429 ppi. Im Marktvergleich der Oberklasse sind das keine herausragenden Werte, da sich QHD und teilweise sogar 4K bereits durchgesetzt haben. Für den Alltag ist Full HD+ allerdings ausreichend und im Endeffekt auch energiesparender.

Das Display im P20 kann überzeugen. An der Stelle, wo sich die Spreu vom Weizen oder die Mittel- von der Oberklasse trennt, muss das Handy aber abreißen lassen. Hier ist es eher mittelprächtig.

Einzelwertung: 4 von 5 Sternen

Ausstattung und Leistung

Dass das Huawei P20 letztendlich doch klar in die Flaggschiff-Schublade gesteckt werden kann, zeigt der Prozessor. Der Kirin 970 ist das Nonplusultra der Chipsätze von Huawei, nicht aber das Nonplusultra des Smartphone-Marktes. Der Benchmark-Test zeigt, dass der Prozessor, der eine Taktrate von bis zu 2,36 GHz erreichen soll, und seine Nebenkomponenten nicht die ganz große Leistung zu vollbringen vermögen.

Das Ergebnis von knapp 208.000 Punkten im AnTuTu-Benchmark-Test liegt im Direktvergleich ein Stück hinter den Resultaten, die der Snapdragon 845 und der Exynos 9810 in den entsprechenden Modellen aufs Parkett zaubern. Dieser erste Leistungseindruck wird durch weitere Tests der Anbieter GFXBench, Geekbench und 3DMark bestätigt.

Umfeld Modell Benchmark-Wert
Testgerät Huawei P20 208.061
 direkte Konkurrenten Sony Xperia XZ2 258.397
Samsung Galaxy S9 244.895
Huawei Mate 10 Pro 176.482
 ehemalige Spitzenmodelle HTC U11+ 216.125
Huawei P10 164.163
LG V30 179.996
 aktuelle Referenz (Android) Sony Xperia XZ2 Compact 264.971
Samsung Galaxy S9+ 249.185
Samsung Galaxy S9 244.895

Zu hoch sollten diese theoretischen Werte aber auch nicht gehangen werden. Denn im Alltag ist kein wirklicher Unterschied auszumachen. Zusammen mit den 4 GB Arbeitsspeicher, die ihm zur Seite gestellt werden, sorgt der Kirin 970 bei einem seiner vermutlich letzten Einsätze für rasend schnelle Performance – ganz gleich ob Spiel, Video-Anwendung oder mehreren Apps im Parallelbetrieb.

Nicht geknausert hat Huawei auch bei der Speicherausstattung. Zwar werden rund 15 GB von der Software beansprucht, da Huawei aber einen Speicherchip mit 128 GB Fassungsvermögen einsetzt, bleiben noch satte 113 GB übrig, die nur darauf warten, mit Apps, Fotos und Dateien bespielt zu werden. Erweiterbar ist der Speicher leider nicht. Dies fällt zwar vor allem für Heavy-User ins Gewicht, allerdings wirkt der Umstand ob der Dual-SIM-Schublade, die auch ein Hybrid-Schacht sein könnte, unnötig und gewollt.

Huawei P20 im Test: Benchmark-Tests

Gesichtserkennung und Biometrie

Natürlich dürfen biometrische Sensoren auch beim Huawei P20 nicht fehlen. Unterhalb des Displays, im Homebutton, befindet sich der Fingerabdrucksensor. Dieser ist fix und zuverlässig. Ebenso schnell ist die Gesichtserkennung. Diese ist jedoch nicht in einem eigenen Sensor untergebracht, sondern nimmt die Frontkamera zu Hilfe. Kurze Tests zeigen, dass bei der Einrichtung nach dem Schema „Schnelligkeit vor Gründlichkeit“ gearbeitet wird. So ist es wie schon beim P20 Pro möglich, die Gesichtserkennung via Foto zu überlisten. Nichtsdestotrotz ist Face-Unlock eine gute und komfortable Möglichkeit, das Handy zu entsperren. Wenn die auf dem Handy befindlichen Daten zu sensibel sind, sollten diese ohnehin aufwendiger geschützt werden.

Verbindungen, Anschlüsse und Telefonie

Im Zentrum eines multimedialen Umfeldes macht sich das P20 gut. Neben den obligatorischen Mobilfunk-Verbindungen, theoretisch sind dank Modem 1,2 GBit/s im Download – LTE Cat 18 – drin, kann das Handy auch weitere drahtlose oder kabelgebundene Verbindungen eingehen. Die Verbindungstabelle dokumentiert dies eindrucksvoll, zeigt aber auch die Schwächen auf – so zum Beispiel bei der fehlenden Möglichkeit des induktiven Ladens via Qi.

Feature Vorhanden Funktion
HSPA Erweiterung des Mobilfunkstandards UMTS, Down-max. 21 Mbit/s
HSPA+ Erweiterung des Mobilfunkstandards UMTS, Down-max. 42 Mbit/s
LTE Mobilfunkstandard, Down-max 1.200 Mbit/s, Up-max: 150 MBit/s
USB-OTG Ermöglicht den Anschluss externer Geräte wie USB-Sticks, Festplatten oder Tastaturen
DLNA Standard zu kabellosen Übertragung von Medieninhalten, zum Beispiel auf einen Fernseher (nicht ab Werk vorhanden)
NFC Ermöglicht eine Bluetooth-Verbindung zu einem anderen Gerät durch kurzes Berühren
Kabellose Display-Übertragung Ermöglicht das kabellose Teilen der Anzeige mit einem anderem Gerät (z.B. Miracast/AirPlay/Google Cast)
MHL Erlaubt die kabelgebundene Verbindung über die Micro-USB-Schnittstelle zu einem HDMI-Port
Infrarot-Fernbedienung Ermöglicht den Einsatz als Universal-Fernbedienung
Bluetooth-Version 4.2
WLAN-Standards IEEE 802.11 a/b/g/n/ac
Qi Ermöglicht das kabellose Laden des Smartphones

Der Standard MHL, inzwischen von kaum einem Smartphone mehr unterstützt, wird ein Stück weit kompensiert. Denn wie auch das Pro-Modell kann das P20 mit HDMI-zu-USB-C-Adapter zum Desktop-PC umgeschult werden. Anders als bei Samsung benötigt es hierfür wirklich nur ein Kabel und keine gesonderte (DeX-)Station. Technisch wird das Handydisplay auf dem größeren Bildschirm dabei gespiegelt – je nach Wunsch kann die Benutzeroberfläche aber auch angepasst werden und erinnert fortan an ein Windows-Design mit EMUI- und Android-Steuerelementen. Navigiert wird weiterhin auf dem Handydisplay, wenn keine Peripherie-Geräte angeschlossen werden.

Was fehlt, ist der Klinkenstecker. Den 3,5-Millimeter-Anschluss für Kabel-Kopfhörer oder Headsets gibt es nur noch per beigelegtem Adapter. Da kabelloses Laden nicht möglich ist, bleibt die Frage, was denn passiert, wenn zeitgleich Musik gehört und aufgeladen werden soll, unbeantwortet.

Zur Grundfunktion des Handys: Hier ist dem Huawei P20 wenig Schlechtes anzudichten. Das Probetelefonat bleibt stabil, auch mit Freisprecheinrichtung ist bei moderater Lautstärke noch alles in Butter. Tatsächlich kommt auch in dieser Disziplin die sagenumwobene KI des Geräts ins Spiel: Sie bemüht sich redlich, Umgebungsgeräusche herauszufiltern und hat damit auch meist Erfolg.

Auch wenn bei der Leistung nominell Abstriche gemacht werden müssen, ist das Huawei P20 ein waschechtes Flaggschiff-Smartphone. Allerdings merkt man hier und da, dass der Hersteller versucht, die Grenze nach oben nicht zu sehr verschwimmen zu lassen. Neben dem Pro-Modell wirkt das Basismodell minimal weniger ausgereift.

Einzelwertung: 4 von 5 Sternen

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Kamera

Die Lobeshymnen lassen einiges erwarten. Das P20 Pro zeigt im Test, dass ein wahrhaftiger Kamera-Profi in ihm steckt. Das P20 kommt mit einem etwas kleineren Orchester um die Ecke. Das dritte Objektiv mit Tele-Funktion fehlt gänzlich, die beiden anderen Sensoren unterscheiden sich in ihren Leistungsmerkmalen etwas von der Pro-Version.

Nichtsdestotrotz hat unter anderem die DxO-Mark-Wertung des P20 von 102 Punkten die Erwartungen auch für das Basismodell in die Höhe schießen lassen.

In der Tat kann das P20 im Fotobereich auch überzeugen. Die KI entfaltet auch in diesem Handy ihre volle Kraft, was insbesondere bei Nachtaufnahmen und im entsprechenden Modus zum Tragen kommt. Bei viel Licht sind die Bilder ebenfalls sehr gut, heben sich aber nicht sonderlich von der Konkurrenz ab. Hier ist es zudem auch ein wenig Geschmacksache, wie der Blindtest von Huawei P20 Pro und Samsung Galaxy S9 Plus eindrucksvoll zeigt.

In der folgenden Galerie wird die Kamera-Wertung des Huawei P20 anhand von Testfotos weiter erläutert.

Zum Technischen: Das P20 setzt auf eine Doppelkamera auf der Rückseite, die einmal mehr in Kooperation mit Leica entwickelt wurde. Dabei kommen ein mit 20 Megapixel auflösender Monochrom-Sensor mit f/1.6-Blende sowie ein 12-Megapixel-RGB-Sensor mit f/1.8-Blende kombiniert zum Einsatz. Will man Schwarz-Weiß fotografieren, wird der RGB-Sensor ausgeschaltet und es werden echte Monochrom-Bilder und keine nachberechneten erstellt.

Einen optischen Bildstabilisator gibt es laut Huawei nicht. Obwohl Reparatur-Experten bei iFixit entsprechende OIS-Vorrichtungen beim P20 ausgemacht haben wollen, gibt Huawei darüber keine Auskunft und verweist darauf, dass die künstliche Intelligenz alleine für die Bildstabilisierung verantwortlich ist. Insbesondere bei der Langzeitbelichtung im Nachtmodus, zeigt sich, wie beeindruckend die Stabilisierung – ob optisch oder elektronisch – funktioniert.

Huawei P20: Nachtmodus-Vergleichsbild
Bildquelle: Michael Stupp / inside handy

Oben der Blick durch den Sucher; unten das, was die KI nach 4 Sekunden Belichtungszeit daraus macht.

Die Frontkamera wurde in der Auflösung auf 24 Megapixel aufgebohrt, der Sensor blickt durch eine f/2.0-Blende. Hier hat sich Huawei aber eher der Effekthascherei und dem Wettbieten der größten Bildauflösung hingegeben. Denn merklich besser als beispielsweise ein 12-Megapixel-Bild in ähnlicher Geräte-Klasse sind die Selfies nicht. Zudem meint es die KI mit dem automatischen Beauty-Filter oft etwas zu gut. Selbst bei einer Beauty-Einstellung von 0 wirken die Bilder noch korrigiert und geglättet.

Die Software, die Huawei hinter das hauseigene Fotostudio packt, ist leicht verständlich und dennoch vielschichtig. Auf der Grundebene können per Wischgeste die verschiedenen Hauptmodi angesteuert werden. Neben dem automatischen Fotomodus gibt es noch Ebenen für Blendeneffekt, Nachtmodus, Porträt, Video und natürlich den Pro-Modus. In den Ebenen können weitere Modifikationen vorgenommen werden und wem das nicht reicht, der kann weitere Einstellungen unter dem Punkt „Mehr“ oder dem bekannten Zahnrad in der oberen Ecke finden. Der Balken am oberen Rand enthält zudem weitere Features, wie zum Beispiel die Option, der KI eine kräftigere Farberkennung auf den Weg zu geben oder über den „Momente“-Reiter sogenannte Live-Fotos zu erstellen. Hierbei wird eine kurze Videosequenz aufgenommen, die aber als Bildformat gespeichert wird.

Huawei P20 Kamera-App
Bildquelle: insdei handy

Apropos Bildformat: Auch das P20 kann die Bilder im großen RAW-Format abspeichern. Diese Möglichkeit finden Nutzer in den Einstellungen unter dem Zahnrad-Symbol – allerdings nur im Pro-Modus. Im Videobereich steht außerdem die Super-Zeitlupe mit 960 fps zur Verfügung – wie bei Samsung allerdings „nur“ in HD-Qualität.

Die Kamera des Huawei P20 wird ihren Vorschusslorbeeren gerecht. Da aber das ganz große Konzert ausgelassen und dem P20 Pro vorbehalten wird, bleibt auch die Top-Wertung verwehrt. Kleinigkeiten machen den Unterschied.

Einzelwertung: 4,5 von 5 Sternen

Software und Multimedia

Wie es sich für ein neues Smartphone-Flaggschiff gehört, hat das Huawei P20 die allerneueste Android-Version 8.1 Oreo mit an Bord. Optisch sieht man dies aber erst auf den zweiten Blick, denn Huawei steuert auch noch seine eigene Benutzeroberfläche EMUI 8.1 bei.

Ein Vorteil der Huawei-Oberfläche ist, dass sie im Gegensatz zum Android-Standard sehr anpassbar ist. So können komplette Themes geladen und angewandt werden, um die komplette Oberfläche inklusive der Icons, Hintergrundbilder und Farben anzupassen. Wem das nicht ausreicht, kann sich aus dem Play-Store einen alternativen Launcher installieren, hier gibt es eine ganze Reihe an unterschiedlichen Startbildschirmen für unterschiedliche Ansprüche.

Das Software-Paket ist wie gewohnt bei Huawei recht üppig. Schon nach dem ersten Einschalten ist das Smartphone für die meisten Einsätze gut ausgerüstet. Neben den Google Basics wie Duo, der Such-App, Gmail und Maps sind beispielsweise auch Googles Office-Anwendungen Docs und Tabellen mit am Start und ergänzen die Google-Drive-App. Auf die eigene SMS-App verzichtet Huawei inzwischen zugunsten der Google-App Messages, setzt aber mit „Memo“ weiterhin auf eine eigene Lösung für Notizen, anstatt auf die gleichnamige Google-Variante. Auch die eigene E-Mail-App ist mit an Bord und konkurriert mit Gmail um die Nutzergunst. Auch bei der Übersetzer-App, die ebenfalls mitgeliefert wird, setzt man nicht auf die Google-Lösung, sondern auf die von Microsoft. Der Windows-Konzern hat seine Übersetzungs-App nämlich extra für den KI-Koprozessor des Kirin 970 optimiert. Mit Facebook und Instagram reiht sich auch das Zuckerbergsche Imperium in die etwas wild wirkende, aber dennoch erfreulich Redundanz-arme und vollständige Liste ein.

Huawei P20 im Test: Screenshots

Ein großes Ärgernis für viele Nutzer hingegen ist Bloatware, die auch auf dem Huawei P20 zu finden ist. Die Redaktion von inside handy definiert Bloatware als vorinstallierte Software, die einen eindeutig kommerziellen Hintergrund verfolgt und nicht vom Hersteller des Smartphones oder Google bereitgestellt wird. In der Regel lassen sich die Hersteller die Platzierung der Software auf ihren Smartphones entgelten, vor allem bei Flaggschiffen, deren Preis weit oberhalb der 200-Euro-Schmerzgrenze liegt, ist eine solche werbliche Zusatzbeigabe unnötig und wird mit Punktabzug geahndet. Vollständig deinstallierbare Apps führen dabei zu einem kleineren Abzug als Apps, die sich lediglich auf die Werksversion zurücksetzen und dann deaktivieren lassen. Huawei hat zwei Shopping-Apps der zweiten Gattung in seinem Software-Paket. Dies sind zum einen die App der Hotelplattform Booking.com, zum anderen der digitale Marktplatz von eBay.

Musik und Multimedia

Neben Google Play Musik findet sich auf dem Handy auch der Huawei-Musikplayer. Zu den Funktionen dieser Standard-Apps gibt es wenig zu sagen. Hier dürfte jeder Nutzer einen Weg finden, seine Musik aus Lautsprechern oder Kopfhörern zu pressen.

Musik-Player des Huawei P20 Pro
Bildquelle: inside handy

Was am Ende herauskommt ist ordentlich, aber nicht Weltklasse á la HTC Boomsound. Wie in der Oberklasse üblich, hat sich Huawei mit einem professionellen Audio-Partner, in diesem Fall Dolby, verstärkt. Zusammen mit der KI tüftelt die Automatik aus, was genau wiedergegeben wird und soll je nach Art des Audios einen optimalen Klang herstellen. Im Rahmen der Möglichkeiten eines knapp siebeneinhalb Millimeter dicken Gehäuses ist der Sound in Ordnung – aber nicht in Konkurrenz mit ausgewiesenen Lautsprechern zu setzen. Auch die beigelegten In-Ear-Kopfhörer sind bestenfalls als ausreichend zu bezeichnen.

Die Software ist auf dem aktuellen Stand, die Oberfläche hat sich von Version 8.0 zu 8.1 noch einmal verbessert. Wer mit Huaweis EMUI klarkommt, der kann beherzt zugreifen und wird nicht enttäuscht werden.

Einzelwertung: 4 von 5 Sternen

Akku

Das Gehäuse und folglich auch der Akku sind im P20 etwas kleiner als im P20 Pro. Dennoch kommt das Gerät mit 3.400 mAh und ist damit um 400 mAh stärker als beispielsweise das Samsung Galaxy S9. Dennoch ist die Akkuleistung bei vergleichbarem Testablauf schlechter. So kam das Galaxy S9 nach 24 Stunden auf noch 49 Prozent Restladung, das Huawei P20 wurde bei 43 Prozent aus dem Standby-Modus aufgeweckt.

Der Akku-Test in der Chronik

Uhrzeit Aktivität Akku nachher
08:38 Beginn des Akkutests 100%
09:26 einige Fotos, Apps nutzen 98%
10:06 30 Minuten Video (YouTube, 1080p) 93%
12:20 30 Minuten Audiostreaming 83%
13:00 intensive Benutzung, AnTuTu Benchmark-Test 75%
14:40 30 Minuten spielen (Asphalt 8: Airborne) 64%
16:00 Weitere Fotos, Apps nutzen, Bilder hochladen 60%
16:40 Ende Produktivphase 56%
08:38 Ende Standby-Phase 43%

Aufgeladen wird das P20 dank Schnellladetechnik in Windeseile. Für weitere Laufzeit-Verlängerungen stehen diverse Energiesparmodi zur Verfügung, die teilweise radikal an den Grundeinstellungen ansetzen.

Das P20 zeigt sich trotz im Flaggschiff-Segment geringerer Display-Auflösung und ohne Always-On-Display recht energiehungrig. Das Handy geleitet Nutzer zwar locker über einen Tag, aber je nach Intensität der Nutzung sollte ein Blick immer auf die Ladeanzeige in der rechten Ecke gerichtet sein.

Einzelwertung: 4 von 5 Sternen

 Modell  Kapazität (mAh) Akkustand Verbrauch
Arbeitstag (8h) Nacht im Standby (16h) Intensivtest (8h) Standby (16 h)
Testgerät
Huawei P20 3400 56 43 44 13
direkte Konkurrenz
Samsung Galaxy S9
3000 61 49 39 12
Sony Xperia XZ2
3180 65 51 35 14
ehemalige Spitzenmodelle
Samsung Galaxy S8 3000 58 51 42 7
Huawei P10 Plus 3750 47 44 53 3
Sony Xperia XZ1 Compact 2700 65 49 35 16
aktuelle Referenzen
HTC U11+ 3930 72 68 28 4
Nokia 8 3090 71 65 29 6
LG V30 3300 78 65 22 13

Fazit zum Huawei P20

Das P20 ist die abgestumpfte Speerspitze der Huawei-Serie im Frühjahr 2018. Im Vergleich zum P20 Pro hat Huawei allerdings dort gespart, wo es nicht sehr wehtut und dieses Sparpotenzial wird durch den Kaufpreis an die Kunden weitergeleitet.

Von daher ist das Huawei P20 als mittleres der drei Huawei-Geräte mit deutlichem Oberklasse-Geschmack ein richtig guter Kompromiss. Die Power ist ungebrochen gut und das Gerät ist deutlich stärker als das P20 Lite. Was aber auch Teil der Wahrheit ist, ist das technisch deutlich konservativere Display und die Abstriche bei der Kamera und dem Arbeitsspeicher gegenüber dem P20 Pro. Von daher ist das P20 wirklich nur ein Kompromiss und keine gleichwertige Alternative hierzu.

Huawei P20 im Test: 4 von 5 Sternen

Gesamtwertung: 4 von 5 Sternen (~81 Prozent)

Tops des Huawei P20

  • Hingucker-Design
  • Kamera in Topform
  • Großer Datenspeicher

Flops des Huawei P20

  • Speicher nicht erweiterbar
  • TFT-Display ohne Flaggschiff-Stil
  • Akku geht schnell in die Knie

Preis-Leistung

Huawei schickt das P20 mit einer Preisempfehlung von 649 Euro auf den Markt. Dieser Preis ist angemessen, wenngleich die Summe immer noch beträchtlich ist. Unter Berücksichtigung der Preisstruktur der P-Serie passt der aufgerufene Kostenaufwand ins Bild. Ebenfalls Teil der Wahrheit ist aber, dass es ähnlich gut ausgestattete Handys auch schon für ein paar Euro weniger gibt. Der absolute Preis-Leistungs-Tipp ist das Huawei P20 also nicht.

Alternativen zum Huawei P20

2018. Flaggschiff. Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist der Markt noch nicht üppig besetzt, aber es gibt Alternativen. Wird das nochmal deutlich teurere Premium-Segment zu dem das P20 Pro oder das Samsung Galaxy S9 Plus gehören ausgeklammert, finden sich beispielsweise folgende Geräte wieder:

Aus dem Huawei-Imperium mitsamt der EMUI-Benutzeroberfläche sind mittlerweile eine Reihe von potenten und aktuellen Smartphones zum Kandidatenkreis zu zählen. Darunter auch die Geschwister-Modelle des P20.

Weitere Handy-Alternativen, gestaffelt nach Preisklassen, listet die Redaktion von inside handy in diesen Artikeln auf:

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2 KOMMENTARE

  1. Nutzerbild Waldemar Zitterbacke

    Vielen Dank für diesen sehr informativen Test.Wie vergleichbar ist die Qualität der Kamera mit der eines Mate 10 Pro,wenn beide Smartphones auf dem aktuellen Stand der Updates sind?Wenn ich die Tests bei Euch richtig gelesen und verstanden habe,liegen doch bei beiden die gleichen physikalischen Voraussetzungen vor.Oder gibt es noch andere Unterschiede?Ich würde mich sehr freuen,Eure Meinung dazu kennenzulernen.

    Antwort
    • Nutzerbild Michael Stupp inside digital Team

      Hallo Waldemar,
      vielen Dank für das Lob. Auch wenn wir es jetzt nicht direkt gegenüberstellen können: Die Qualität beider Kameras ist sehr gut. Auch technisch scheinen sich die beiden Geräte hier zu gleichen. Im P20 steckt allerdings rund ein halbes Jahr mehr Entwicklungszeit. Das dürfte sich aber mit den von dir angesprochenen Updates weitgehend ausgleichen.

      Quintessenz also: Die Kamera gibt bei einer Entscheidung zwischen diesen beiden Geräten keinen Ausschlag!

      Viele Grüße und noch eine schöne Weihnachtszeit

      Antwort

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